Frieder Reininghaus“Von surrealen Beißattacken und sangbar tonalem Humor“

Subversive Komik im Musiktheater Österreichs seit den 60er Jahren

Das Thema fordert nachgerade dazu heraus, nach gutem altem Brauch der Branche mit der Definition der Begriffe zu beginnen. Voilà: Humor ist, so die gängigste Begriffsbestimmung, wenn man trotzdem lacht – und Komik, so lässt sich – gestützt auf Helmut Bachmaiers 2005 erschienenen Texte zur Theorie der Komik – zusammenfassen, bezeichnet menschliches Verhalten oder Sprechen, aber auch Kunstprodukte (wie Texte, Filme oder Zeichnungen), die Gelächter oder Heiterkeit hervorrufen oder hervorrufen wollen1. Bezeichnenderweise wird die Musik in der Regel von handelsüblichen Aufzählungen der zur Komik bzw. zum Komischen befähigten Gattungen ebenso wenig aufgeführt wie bei den genuin satireträchtigen Genres. Besonders schwer könnten wir es uns hier und heute mit dem Versuch machen, zu klären, was tunlichst unter dem Terminus „subversiv“ zu verstehen ist. Lassen wir es in unserem Kontext vielleicht dabei bewenden, dass „subversiv“ vor allem die Tonkünstler sind, die möglichst viel öffentliche Aufträge (vulgo „Staatsknete“) abgreifen und sich dabei nicht nur ins Täschchen lächeln, sondern sogar glauben, sie würden an dem Ast sägen, auf dem sie mehr oder minder komfortabel sitzen. Um einen friedlichen Fortgang zu ermöglichen, ersuche ich weiters ‚auf den Knien meines Herzens’ (Kleist), von Bemühungen um abschließende Definition dessen abzusehen, was „österreichisch“ sei. Wer lange genug in diesem Land als Fremdarbeiter und Projektionsfläche für „gesunden“ Nationalismus unterwegs ist, könnte hinsichtlich des keineswegs parodistisch, humoristisch, komisch oder satirisch eingeforderten „Österreichischen“ Brechreiz entwickeln. 
Das Team der Österreichischen Musikzeitschrift hat zu Beginn dieses Jahres über das Verhältnis von Musik und Satire nachgedacht. Gewissen Widrigkeiten zum Trotz wurde ein Heft zu diesem Thema auf den Weg gebracht (ÖMZ 3/2017). Wir stellten uns beziehungsweise den potentiellen AutorInnen drei Fragen: Bedarf es nicht immer eines Textes, um Satire in der Musik zu schaffen? Kann Musik aufgrund eines hohen ‚Abstraktionsgrades’ und mangels konkreter Bedeutungsinhalte nicht nur sehr unbeholfen oder grobschlächtig parodistische Wirkungen generieren? Und was ist Satire überhaupt? weiterlesen

Vortrag, gehalten am 21.11.2017 im Rahmen des Symposiums „Das Lachen ist der Ausnahmezustand“. Komik und Subversion im Musiktheater


Frieder Reininghaus Studium der Musik, Musik- und Theaterwissenschaft, Germanistik und Soziologie in Stuttgart, Tübingen, Berlin und Köln. 1976-1983 Redakteur der Zeitschrift Spuren/Kunst und Gesellschaft; Klavierbegleiter und verschiedene Arrangements sowie (Film-)Kompositionen. Er ist Musikpublizist, Opernkritiker und Kulturkorrespondent, u.a. seit 2011 Mitherausgeber und Redakteur der Österreichischen Musikzeitschrift (ÖMZ). 


ZITIERWEISE
Reininghaus, Frieder: „Von Surrealen Beißattacken und sangbar tonalem Humor“. Subversive Komik im Musiktheater Österreichs seit den 1960er Jahren. /biographisches-kontexte/musikalische-kontexte/frieder-reininghaus/ (Datum der Einsichtnahme) (= Elfriede Jelinek und die Musik. Intermediales Wissenschaftsportal des Elfriede Jelinek-Forschungszentrums).